Vierter Ladies Lunch on tour
Optionszeiten als Zukunftsmodell? Zur Neuorganisation von Erziehungs-, Bildungs-, Pflegezeiten und anderer Zeiten sozialer Arbeit - for women only
Thema
Ein großes Kapitel im 7. Familienbericht widmet sich dem Thema Zeitorganisation. Die daraus resultierenden Aspekte einer neuen Zeitpolitik werden im Kapitel "Zukunftsszenarien einer nachhaltigen Familienpolitik" aufgegriffen. Danach soll der heute noch gängige klassische Lebensverlauf aus der starren Dreiteilung in Kindheit/Erwerbstätigkeit/Ruhestand befreit werden.
"Durch Zerlegung in nicht unbedingt chronologisch aufeinander folgende Phasen kann die jetzt noch enorm verdichtete Rushhour des Lebens durch die Gleichzeitigkeit von Familiengründung und Berufsstart entzerrt werden. Es kann auch Zeit für andere wichtige care- und/oder Teilhabe-Aufgaben gewonnen werden. Hier schlägt die Kommission sogenannte Optionszeiten nach dem Vorbild der Erziehungszeiten vor. Optionszeiten können sein: Erziehungs-, Bildungs- oder Pflegezeit oder auch andere Formen sozialer Arbeit. Die Kommission legt sich nicht fest, ob sie ein verpflichtendes Modell bevorzugt oder eher eines, das mit ökonomischen Anreizen arbeitet (…).
Wichtig ist, dass Optionszeit nicht minderwertig gegenüber Berufskarriere (…) erscheint, weil sonst Optionen doch nur wieder von Frauen genutzt werden. Es kommt aber darauf an, ein geschlechtsneutrales Modell zu entwickeln….
Durch Optionszeiten könnten zudem die durch die längere Lebenserwartung gewonnenen Jahre genuzt werden, statt sie auf dem Altenteil zu verbringen (…). Finanziert werden soll das Modell über die Rente: Die heute an einem Stück zu erbringenden 45 Erwerbsjahre bis zum Bezug der Rente könnte man aufteilen in mehrere Phasen, um dann in dazwischengeschobenen Optionszeiten z.B. 67 % des
Nettoeinkommens sozusagen als Vorschuss auf die Rente zu beziehen."
Aus: Zukunft: Familie. Ergebnisse aus dem 7. Familienbericht
Die hessischen Grünen schlagen ein GRÜNES Optionszeitenmodell vor, das die Möglichkeit einer dreijährigen Gesellschaftszeit schafft. Gesellschaftszeit kann Erziehungs-, Bil-dungs-, Pflegezeit oder eine andere Form der sozialen Arbeit sein. Die Zeiten sollen bei der Rente voll angerechnet werden und der Erhalt des Arbeitsplatzes sowie eine das Teilzeitgehalt aufstockende Lohnersatzleistung, die sich am vorherigen Vollzeitnettolohn orientiert, sollen garantiert werden.
Kann mit einem solchen Optionszeitenmodell der blinde Fleck bei der neuen Verflechtung von Familien- und Arbeitsmarktpolitik angegangen werden? Im Zuge des Paradigmenwechsels hin zum Leitbild der erwerbsfähigen Mutter blieb ja bisher die Frage weitgehend unbeantwortet, was eigentlich mit den Care-Aufgaben geschehen soll, die bisher zu einem großen Teil in Form unbezahlter Frauenarbeit verrichtet wurden und werden.
- Welche Chancen bietet das Modell für eine gerechte Verteilung von Ressourcen, Rechten, Anforderungen, Belastungen und Anerkennung sowohl zwischen den Geschlechtern als auch zwischen Erwerbsarbeit mit ihren gestiegenen Anforderungen an Mobilität und Flexibilität
- und den oft an ganz anderen Bedürfnisen orientierten Care-Aufgaben? Wie muss das Modell dafür ausgestaltet sein?
- Welche Möglichkeiten bieten Optionszeiten für neue, aktive Formen des Älterwerdens?
- Welche Durchsetzungschancen hat eine solche Zeitpolitik? Wo sind Widerstände zu erwarten?
Diese und weitere Fragen sollen beim vierten Ladies Lunch diskutiert werden.
Ladies Lunch on tour soll Frauen aus dem frauenpolitischen und aus dem grünen und grün-nahen Umfeld ein Forum für Austausch und Reflexion von grundlegenden gesellschaftlichen Fragen unter frauenpolitischen Aspekten jenseits von Fraktionierungen bieten und die Möglichkeit der Vernetzung schaffen. Alle sind ganz herzlich zum regen Mitdiskutieren eingeladen.
Im Anschluss an das gemeinsame Gespräch laden wir alle zum weiteren Kennenlernen und Austausch zu einem Glas Wein und einem kleinen Imbiss ein.
Referentinnen
- Uta Meier-Gräwe, Professorin für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienwissenschaft, Justus-Liebig-Universität Gießen, Mitglied der Sachverständigen Kommission zur Erstellung des 7. Familienberichts der Bundesregierung
- Christel Eckart, Professorin für Frauen- und Geschlechterforschung an der Universität Kassel, Mitglied im beratenden Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Zeitpolitik
Moderation
Elke Siebler, Frauenpolitische Sprecherin des hessischen Landesvorstands von Bündnis 90/Die Grünen
Termin
Freitag, 03. November 2006, 18.00 Uhr
Veranstaltungsort
Stadtwerke Frankfurt am Main, Kurt-Schumacher-Str.10, 60311 Frankfurt am Main
S-Bahnen und U4/U5 bis "Konstabler Wache" oder Straßenbahnlinien 11/12
bis "Börneplatz"
Anmeldung
FOR WOMEN ONLY/ ANMELDUNG ERFORDERLICH
Anmeldung bis 30. Oktober/ Information bei:
Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V.
Niddastr. 64 , 60329 Frankfurt am Main
Tel.: 069/ 23 10 90, FAX: 069/23 94 78, Email: krannich@hbs-hessen.de
Recht auf informationelle Selbstbestimmung?
Videoaufzeichnung der Veranstaltung am 27. Februar 2014 in Frankfurt/M.
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Studienwerk der Heinrich-Böll-Stiftung