Print version template
ARCHIV 2006 - Februar 2014
Bedingungslos frei oder chancenlos abgehängt?
Wie emanzipativ ist das bedingungslose Grundeinkommen?

Thema

„Eine Psychologie des Überflusses erzeugt Initiative, Glauben an das Leben und Solidarität. Tatsache ist jedoch, dass die meisten Menschen psychologisch immer noch in den ökonomischen Bedingungen des Mangels befangen sind.“ (Erich Fromm 1966) Die Debatte um ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) ist zwar nicht neu, hat jedoch in den letzten Jahren eine regelrechte Renaissance erlebt: Die andauernd hohe Erwerbslosigkeit, Kritik an „entmündigenden“ und „entwürdigenden“ Aspekten einer seit den Hartz-Reformen auf „Aktivierung“ ausgerichteten Arbeitsmarktpolitik und die Kosten einer umfangreichen wohlfahrtsstaatlichen Bürokratie haben der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens zu neuer Blüte verholfen. Das BGE soll ein steuerfinanziertes Basiseinkommen auf Existenz und Teilhabe sichernder Höhe sein und an alle Bürgerinnen und Bürger ohne Bedürftigskeits- und Einkommensprüfung, ohne Arbeitszwang oder Tätigkeitsverpflichtung ausgezahlt werden. Die Popularität des BGE beruht auf ökonomischen, politischen und sozialen Argumenten. Die größte Anziehungskraft geht wohl von der Annahme aus, dass die Entkopplung von Existenzsicherung und Erwerbstätigkeit eine Sicherheit für die Menschen mit sich bringt, durch die sie ihr Leben freier und kreativer gestalten können. Besonders für Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen oder bedroht sind, könnte diese neue Sicherheit der Beginn eines menschenwürdigen und selbstbestimmten Lebens sein. Es wird davon ausgegangen, dass das BGE ein Schritt in Richtung einer neuen Gesellschaft und eines emanzipatorischen Wertewandels bedeuten kann. Das BGE hat jedoch auch zahlreiche Kritiker, die bezweifeln, dass dies der Weg hin zu einer sozialeren und emanzipatorischen Gesellschaft ist. Sie befürchten, dass die Befreiung vom Arbeitszwang den heute noch bestehenden gesellschaftlichen Druck, Menschen in Erwerbsarbeit zu bringen, derart verringern würde, dass die Politik „sich aus der Verantwortung stehlen“ könnte. Denkbar wäre auch eine gesellschaftliche Spaltung in erwerbstätige „Macher“ und abgehängte „Konsumenten“, die einer Integration ins Arbeitsleben immer ferner und vollständig vom Staat abhängig würden. Auch ihre gesellschaftliche und politische Teilhabe könnte durch die finanzielle „Ruhigstellung“ gefährdet werden. Die Veranstaltung soll der Frage nachgehen, ob ein BGE ein emanzipatorisches Konzept ist oder ob es vielmehr darum geht, einen Teil der Bevölkerung „stillzulegen“ und von wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Teilhabe auszuschließen. Feministische Kritikerinnen sehen zum Beispiel die Gefahr, dass überwiegend Frauen, die unbezahlte Haus- und Erziehungsarbeit leisten, vom Arbeitsmarkt gedrängt werden könnten. Dabei muss auch gefragt werden, welche Bedeutung Erwerbsarbeit für Menschen heute hat und welche Folgen ihr Fehlen für die Psyche und die Handlungsorienterung von Arbeitslosen mit sich bringt. In diesem Kontext sollen die unterschiedlichen Menschenbilder unter Einbeziehung der Erkenntnisse der empirischen Arbeitslosenforschung diskutiert, sowie die Frage gestellt werden, ob eine verbesserte Grundsicherung, wie sie in der heftigen grüneninternen Debatte um das BGE von der grünen Bundestagsfraktion vertreten wird, eine Alternative zum BGE sein kann. Referentinnen und Referenten
Dr. Gert Beelmann Institut für Psychologie der Arbeit in Bremen und Geschäftsführer
der Quotac GmbH Marcus Bocklet MdL Sprecher für Jugend, 2. Arbeitsmarkt, Armuts- und Altenpolitik der grünen Fraktion im hessischen Landtag Manuel Franzmann wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Frankfurt, Mitglied des Forschungskollegs „Wissenskultur und gesellschaftlicher Wandel“, Netzwerk Grundeinkommen Nicole Maisch MdB Bündnis 90/ Die Grünen, Vorsitzende der Grünen Jugend Hessen Moderation Katharina Sperber Frankfurter Rundschau Termin Donnerstag, 3. Mai 2007, 20.00 Uhr Veranstaltungsort Café KoZ im Studierendenhaus des AStA der Uni Frankfurt Campus Bockenheim Mertonstr. 26-28 60325 Frankfurt am Main Weiterführende Informationen im InternetErich Fromm: Psychologische Aspekte zur Frage eines garantierten Einkommens für alle (1966)Ronald Blaschke: Garantierte Mindesteinkommen. Aktuelle Modelle von Grundsicherungen und Grundeinkommen im Vergleich Netzwerk GrundeinkommenBasic Income Earth Network (BIEN) (in engl. Sprache)

Unternimm die Zukunft, Vorstellung der Chancen eines BGE mit Diskussionsforum

Bürgerinitiative bedingungsloses Grundeinkommen

Schweizer Seite pro BGE u.a. mit Antworten auf die Frage "Was würden Sie arbeiten, wenn für Ihr Einkommen gesorgt wäre?"

Filmbeiträge, Vorträge und Videoclips zum BGE

Materialien zum BGE

 

Studienwerk der Heinrich-Böll-Stiftung