Das gefühlte und das proklamierte Europa. Was haben Europäerinnen von der EU zu erwarten?
Europäische Tagung
Eine gewisse Europamüdigkeit macht sich breit, vor allem in der Gender- und Gleichberechtigungspolitik. Galt die EU - insbesondere auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) - in den 80er und 90er des letzten Jahrhunderts noch als Motor und Taktgeber für gleichstellungspolitische Initiativen, so ist es derzeit hierzu ruhiger geworden. Es scheint, als fehlten Europa Stimmen, Gesichter und eine Programmatik, um für emanzipatorische Prozesse und Gleichstellungs-politiken zu mobilisieren. Angesichts der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise, die zu Unsicherheiten auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und in der persönlichen Lebensplanung führen, sind Visionen und politisches Handeln um so mehr gefragt. Gleichberechtigung auf der europäischen Ebene ist aktuell; es gilt auf neue Herausforderungen neue Antworten zu formulieren.
Mit dieser Veranstaltung wollen wir mit wissenschaftlich-politischen und kulturellen Einmischungen diesen Fragen nachgehen. Gibt es tatsächlich einen Stillstand in der EU-Genderpolitik? Oder gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen auf Grund von ungleichzeitigen Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedstaaten, die zu neuen Genderpolitiken herausfordern?
Die Tagung beginnt mit einem Blick auf die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise. Wie wirkt sich diese globale Krise zum einen auf die Lebenswelt von Frauen und zum anderen auf die Genderpolitik der Europäischen Union aus, die sich diesen neuen Anforderungen stellen müsste?
Ein Rückblick auf fünfzig Jahre europäische Gleichstellungspolitik vergegenwärtigt, wo wir derzeit stehen, welche reformerischen Impulse bisher durch Initiativen der Kommission und des Europäischen Gerichtshofs aufgenommen wurden und wie die europäischen Frauenbewegungen die Gleichstellungspolitik der EU beeinflusst haben. Die Etappen ihrer Erfolge und auch Niederlagen oder Barrieren werden im historischen Rückblick bilanzierend dargestellt.
Welche Veränderungsdynamik sich in den Geschlechterpolitiken der einzelnen Mitgliedsstaaten jeweils beobachten lässt, ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Tagung. In welchem Spannungsverhältnis stehen länderspezifische Entwicklungen gegenüber den normativen Vorgaben der EU? Gibt es eine eigene Dynamik von EU-Beitrittsdebatten und Beitrittsfolgen? Darüber diskutieren Expertinnen aus Nord-, Süd-, Ost- und Westeuropa sowie aus der Türkei.
Literarische Interventionen nähern sich den Facetten eines gefühlten und proklamierten Europas wiederum aus einer ganz anderen Perspektive. Drei große Europäerinnen - die Italienerin Rossana Rossanda, die Französin Simone Veil und die Tschechin Frantiska Plamínková - , die mit ihrem politischen Engagement europaweit Ausstrahlung entfaltet und Spuren hinterlassen haben, werden porträtiert. Mit einer Lesung aus ihrem Buch begibt sich die niederländische Journalistin Annemieke Hendriks zu bi-nationalen Familien in der Mitte Europas, die das Zusammenwachsen Europas bereits seit langem praktizieren.
Tagungsprogramm
Freitag, den 15.01.201016:30 Uhr Ankunft und Begrüßungskaffee
17:00 Uhr Begrüßung und Einführung in die Tagung
Mechthild Veil, Stiftung Frauen in Europa, Frankfurt/M.
Margret Krannich, Heinrich-Böll-Stiftung Hessen, Frankfurt/M.
17:10 Uhr Eröffnungsvortrag
Welche Auswirkungen hat die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise auf Frauen? Welche neuen Anforderungen könnten sich daraus für die Genderpolitik der Europäischen Union ergeben?Friederike Maier, Professorin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR), Berlin, Direktorin des Harriet Taylor Mill-Instituts für Ökonomie und Geschlechterforschung der HWR Berlin
18:10 Uhr
Kommentar zu Gender Budgeting im Lichte der KonjunkturpaketeGülay Çağlar, Mitarbeiterin an der Humboldt Universität zu Berlin, Fachgebiet Gender und Globalisierung
Moderation:
Mechthild Veil, Büro für Sozialpolitik und Geschlechterforschung in Europa, Stiftung Frauen in Europa
18:30 Uhr Pause
18:45 Uhr Kulturelle Interventionen
Kurzportrait der Europäerin Rossana RossandaRita Casale, Professorin am Fachbereich Pädagogik der Bergischen Universität Wuppertal, Zeitschrift Feministische Studien
Lesung der niederländischen Journalistin
Annemieke Hendriks aus ihrem Buch
„Unheile Heimat. Eine Reise zu Familien in der Mitte Europas“ (2009)
Moderation:
Margret Krannich, Heinrich-Böll-Stiftung Hessen
Samstag, den 16.01.2010
10:30 Uhr
Europa der Frauen? Impulse und Barrieren der europäischen GenderpolitikBirgit Laubach, Geschäftsführerin der Heinrich-Böll-Stiftung; Stiftung Frauen in Europa
Moderation:
Margret Krannich
11:30 Uhr Kaffeepause
11:45 Uhr
Kurzportrait der Europäerin Simone VeilMechthild Veil
12:00 Uhr
Veränderungsdynamiken in den Geschlechterpolitiken einzelner Länder im Spannungsverhältnis zur EUIrland: Pauline Conroy, Sozialwissenschaftlerin, University College Dublin, ehemals Mitarbeiterin bei der EU-Kommission und dem European University Institute*
Türkei: Cağla Ünlütürk Ulutaş, Plattform für Frauenarbeit und -beschäftigung
(KEIG), Istanbul*
Moderation:
Susanne Rauscher, Stiftung Frauen in Europa
13:00 Uhr Mittagspause
14:00 Uhr
Kurzportrait der Europäerin Frantiska PlaminkovaHana Havelková, Ass.professorin am Institut für Gender Studies der Karlsuniversität Prag
14:15 Uhr Fortsetzung der Berichte aus den Ländern
Tschechien: Hana Havelková, Institut für Gender Studies der Karlsuniversität Prag
Silja Schultheis, Journalistin Radio Prag
Spanien:
Mercedes de Castro Ruiz, Direktorin des Instituto Cervantes, Frankfurt/M.
Deutschland: Franziska Brantner, MEP, Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, Brüssel
16:15 Uhr Abschlussgespräch mit den Länderexpertinnen
Moderation:
Mechtild M. Jansen, Hessische Landeszentrale für Politische Bildung, Stiftung Frauen in Europa
17:00 Uhr Ende der Tagung
* Diese Beiträge werden in englischer Sprache gehalten.
Termin:
Freitag, 15. Januar 2010, 16:30 bis 19:30 Uhr und Samstag, 16. Januar 2010, 10:30 bis 17:00 Uhr
Tagungsort:
Haus am Dom, Domplatz 3, 60311 Frankfurt am Main
ÖPNV: Mit den U-Bahnen U4 (Richtung Seckbacher Landstraße) und U5 (Richtung Preungesheim) vom Hauptbahnhof bis Haltestelle Dom/Römer (Ausgang Dom).
Tagungsgebühr:
Euro 15.-, ermäßigt Euro 10.- (für Stud., Erwerbslose usw.).
Im TN-Beitrag sind Tagungsgetränke und ein Mittagsimbiss enthalten.
Bitte TN-Beitrag auf folgendes Konto überweisen:
Heinrich-Böll-Stiftung Hessen, Stichwort „Frauen in Europa“
Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 100 205 00, Kontonr.: 3320400
Information und Anmeldung (bitte bis 10. Januar 2010):
Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V.
Margret Krannich
Niddastr. 64, 60329 Frankfurt am Main
Tel.: 069/ 23 10 90, FAX:069/ 23 94 78
e-mail: krannich@hbs-hessen.de
Veranstalterinnen:
Stiftung Frauen in Europa, Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V.