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ARCHIV 2006 - Februar 2014
Frankfurter Gespräch
Was ist heute "links"?

Thema

Mit dem Verlust der Regierungsbeteiligung nach der letzten Bundestagswahl und dem damit verbundenen Druckabfall, rot-grünes Regierungshandeln für die alternativlose Verkörperung der Vernunft auf der Höhe ihrer Zeit halten zu sollen, sowie der Etablierung einer großen Koalition, stellen sich alte zentrale Fragen politischer Orientierung und Verortung im grün-alternativen Spektrum neu. Wie schon vor der Wahl in mehreren Umfragen deutlich wurde, konnten sich viele bisherige Wähler der Grünen vorstellen, die neu formierte Linkspartei (PDS + WASG) zu wählen. Zwar haben die Grünen ein respektables Wahlergebnis erzielt, die Linkspartei ist jedoch aus dem Stand an ihnen vorbeigezogen. Offensichtlich wurde, dass der Begriff "links" also für viele Menschen nach wie vor eine attraktive Alternative bietet - trotz der vielen Verbrechen, die sich damit ja auch verbinden, wofür die PDS in Deutschland in besonderer Weise steht. Mit dem was "links" einst meinte - Kampf gegen Ausbeutung, Unterdrückung, Nationalismus und Militarismus - lässt sich die praktisch-politische wie personelle Substanz der Linkspartei jedoch nur schwer in Übereinstimmung bringen.
Gleichzeitig halten auch viele Grün-Alternative an diesem Begriff fest und geraten damit in ein kaum aufzulösendes Dilemma, denn: "Keine Partei ist bürgerlicher als sie", wie der Göttinger Politikwissenschaftler Franz Walter pointiert formulierte. Und keine Farbe wird von der Arbeiterschaft wie von Erwerbslosen so selten gewählt wie grün. Daraus ergeben sich eine Reihe von Fragen:

  • Was bedeutet "links" heute?
  • Wie grenzt sich ein moderner Links-Begriff gegen überkommene (sozialdemokratische, gewerkschaftliche und parteikommunistische) Verkrustungen ab?
  • Welche Ziele sollen unter diesem Begriff erreicht werden?
  • Wie lassen sich - vorausgesetzt die grüne Partei gehört zur politischen Linken - die Spannungspole der real existierenden Verbürgerlichung des grün-alternativen Spektrums einerseits und des mit einem linken Politikprojekt verbundenen anti-bürgerlichen Impetus andererseits miteinander in Einklang bringen?
  • Und was bedeutete eine mögliche Neuorientierung auf ein linkes Politikprojekt seitens der grünen Partei für die Partei selbst? Würde sie auseinanderbrechen?
  • In welcher Weise müsste man sich die Abgrenzung zur "Linkspartei" denken, die ja die einzige Partei derzeit ist, die sich positiv auf diesen Begriff bezieht und deshalb quasi eine Monopolstellung innehat?
Diese und weitere Fragen wollen wir auf diesem Frankfurter Gespräch diskutieren.

Referenten
Tarek Al-Wazir, Vorsitzender der hessischen Landtagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen
Micha Brumlik, Professor für Erziehungswissenschaften, JWG-Universität Frankfurt/M.

Moderation
Renate Niekant, Heinrich-Böll-Stiftung Hessen
 
Termin
Dienstag, 14. März 2006, 19.00 Uhr

Veranstaltungsort
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Campus Bockenheim, Konferenzraum III Neue Mensa
(Gebäude Sozialzentrum/ Mensa), Bockenheimer Landstr. 133, 60325 Frankfurt/M.

 

Studienwerk der Heinrich-Böll-Stiftung